Hat’s Deine Branchensoftware wirklich drauf?

Forum Digitalisierung praktisch gestalten

Ein Interview mit Heiko Fischer

Das Interview wurde am 20.3.2024 von Robert Bittig auf dem Forum DIGITALISIERUNG PRAKTISCH GESTALTEN auf der Fensterbau Frontal und der Holz-Handwerk in Nürnberg geführt.

Robert Bittig: Hat es deine Branchensoftware wirklich drauf oder machst du noch Excel? Ich freue mich sehr auf Heiko Fischer, Geschäftsführer von der G+F, Verlags- und Beratungs- GmbH. Heiko, schön, dass du da bist. Stelle Dich doch bitte noch einmal kurz vor.

Heiko Fischer: Ich bin Initiator der Plattform 100 Prozent digital, deren Aufgabe es ist, Handwerksunternehmen zu beraten, wenn es um deren Digitalisierung geht. Das heißt, wir gehen in die Unternehmen rein, wir helfen Handwerkern entweder die ersten Schritte der Digitalisierung zu tun oder aber die nächste Stufe zu zünden.

Robert Bittig: Die nächste Stufe zünden. Schauen wir mal auf die Branchenlösung – aus deiner langjährigen Sicht und aus deiner Erfahrung als Coach. Wie praxisorientiert und auf den aktuellen Stand der technischen Entwicklung angepasst sind denn die auf dem Markt angebotenen Branchenlösungen für die Handwerksunternehmen? Und gibt es da vielleicht so die eine oder andere Kategorie, in die du die Software einteilen würdest?

Heiko Fischer: Es gibt sehr viele Softwareprodukte fürs Handwerk. Wenn man sich den Markt anschaut, haben wir über 500 verschiedene Softwareprodukte.

Das heißt, wir haben zum einen die Branchensoftware, aber alles, was in der Branchensoftware abgebildet wird, gibt es auch als Einzelsoftware-Produkte. Und diese Produkte sind unterschiedlich. Wenn wir jetzt in die Branchensoftware reinschauen, es gibt Anbieter, die ihren Ursprung vor über 30 Jahren hatten. Die haben alle ihre Vor- und Nachteile. Je nach Blickwinkel sind sie zum Teil nicht unbedingt zukunftsfähig, aber im großen und ganzen sind die Softwareprodukte aus meiner Sicht alle auf dem neuesten Stand der Technik. Und es kommt immer darauf an: Was will denn das Unternehmen machen, welche Ziele verfolgt es mit dem Einsatz von Software? Und da ist jedes Unternehmen unterschiedlich.

Robert Bittig: Da kommen wir dann schon zur nächsten Frage, welche Anforderungen sollte ich denn als Handwerksunternehmer an die Branchensoftware stellen? Hast du da ein Rezept?

Heiko Fischer: Ich kann nur allgemein bleiben, denn jedes Unternehmen hat andere Bedingungen. Es ist so: Ein Unternehmer muss sich Gedanken machen, was möchte ich digital lösen? Nehmen wir zum Beispiel den Prozess von Anfrage bis zur Rechnung – alles digital. Dann muss ich in meine Prozesse schauen und sie natürlich so abbilden, dass mir die Software dann am Ende des Tages weiterhilft. Das heißt, es ist immer jedes Unternehmen individuell zu sehen. Ich könnte jeweils 10 Tischler mit 10 Mitarbeitern haben. Trotzdem haben alle unterschiedliche IT-Konfigurationen und unterschiedliche Vorstellungen. Dann zu sagen, diese eine Software, das ist die beste Software, die Frage kann man nicht beantworten.

Robert Bittig: Heiko, die einen setzen schon auf lang genutzte und fest auf den eigenen Endgeräten installierte Lizenzen, andere schrauben sich dann eine Art Sammelsurium aus Programmen und Apps aus unterschiedlichen Quellen – eine eigene Welt – zusammen und wieder andere setzen dann nur auf internetbasierte Systeme. So jetzt die Frage: Wo liegen denn hier jeweils die Stärken und die Schwächen? Ich meine, du als Coach kriegst ja auch mit, wo vielleicht dann viele Unzufriedenheitsfaktoren zusammenkommen?

Heiko Fischer: Mein Herz als Coach schlägt immer für die cloudbasierte Software, weil sie aus meiner Sicht die größtmögliche Flexibilität im Handwerksunternehmen bietet. Das heißt Zugriff von überall. Monteure, die draußen am besten mit den Tablets unterwegs sind, können auf alle Informationen im Unternehmen zugreifen. Das heißt auch, der Chef am Schreibtisch, der weiß immer, was seine Monteure machen. Er kann quasi vom Büro aus zugreifen, kann dort Fragen beantworten, muss nicht jedes Mal auf die Baustelle rausfahren. Wenn die unterschiedlichen Dinge, die ich machen möchte, wirklich so vernetzt sind, gibt es auch keine Brüche mehr im Unternehmen.

Dafür schlägt unser Herz, dafür versuchen wir die Unternehmen in unseren Beratungen auch dort hin zu bewegen. Es hängt aber maßgeblich vom wie es so schön heißt, Mindset des Unternehmers ab, weil es fängt schon an, sich möglicherweise aufzuteilen. Möchtest du einen Server bei dir im Unternehmen haben oder bist du bereit, auch auf einen Cloud-basierten Server zu setzen? Wenn jetzt ein Unternehmer sagt, ich möchte die Daten bei mir im Unternehmen haben, ich will sie nicht in der Cloud haben.

Robert Bittig: Dann gehst du schon mal bei dem Thema Digitalisierung andere Wege mit ihm. Also nehmen wir mal an, ich bin jetzt Handwerksunternehmer und unabhängig davon, welche Kategorie ich jetzt angehöre, ob ich mal aus der Cloud ziehe oder ob ich das fest installiert habe, wenn ich jetzt merke, mit meiner Lösung kann ich jetzt mein Tagesgeschäft, meinen Betrieb gar nicht mehr abbilden. Was mache ich dann?

Heiko Fischer: Ich mache mir Gedanken oder ich sollte mir Gedanken machen, wie ich mein Unternehmen neu strukturiere, weil es geht immer um die Prozesse. Ich muss mir erstmal Gedanken machen: Welche Prozesse habe ich im Unternehmen?

Und wenn ich mir die Gedanken gemacht habe, die bringen mir im Kopf relativ wenig, ich muss es auch irgendwo hinschreiben. Ich muss mir einfach klar darüber werden, welche Prozesse habe ich im Unternehmen, wie möchte ich sie abbilden und wie setze ich das softwaremäßig um? Beim Beispiel Branchensoftware, da setze ich sie einfach um. Wenn ich dann nicht weiterkomme, dann hole ich mir einen Experten ins Unternehmen.

Ich kann nicht alles wissen, schließlich bin ich Handwerker und kein IT-Technologe. Am Ende des Tages geht es immer um den Einsatz von IT-Technologie, sei es in Hard- oder Software. Und ich kann, aber ich muss das nicht als Handwerksunternehmer oder Unternehmerin wissen. Dafür gibt es genügend Experten draußen, die mir weiterhelfen und das ist aus meiner Sicht auch top investiertes Geld. Es geht übrigens nicht nur darum, den Prozess abzubilden, sondern den auch nochmal zu hinterfragen. Digitalisierung bedingt immer Prozesse neu zu machen.

Auch wenn es meine Kunden nicht mehr hören können: Ein scheiß analoger Prozess ist auch ein scheiß digitaler Prozess. Ich kann nicht einfach einen analogen Prozess nehmen und sagen, da klemme ich jetzt ein Stück Software dazwischen und dann funktioniert das. So einfach ist es nicht. Digitalisierung bedeutet auch immer ein Stück weit einen Wechsel meines Mindsets, die Bereitschaft, mich zu verändern, auch als Unternehmer. Das ist ein wichtiger Bestandteil in meinen Beratungsgesprächen, wenn ich mein Gegenüber frage: Bist du bereit für Veränderungen?

Robert Bittig: Also Digitalisierung ist immer gleich auch Transformation.

Heiko Fischer: Ich mag für meine Handwerker oder meine Kunden den Begriff Transformation nicht unbedingt. Aber um mit deinem Bild zu bleiben, ja.

Robert Bittig: Heiko brennt für die cloudbasierten Lösungen, der Software aus dem Internet. Und da gibt es auch viele Möglichkeiten, wie ich darauf zugreife. Aber nochmal, wo liegt der Vorteil von der cloudbasierten Lösung?

Heiko Fischer: Aus meiner Sicht bist du viel flexibler. Du hast zum Beispiel deine Monteure mit dem Tablet im Außendienst. Die können über die Cloud auf Pläne, die können auf Einsatzzeiten, die können auf alles Mögliche zurückgreifen.

Das konnte ich früher nicht. Ich bin dann mit meiner Arbeitsmappe und mit den Rapportzetteln unterwegs gewesen. Stichwort Papier. Also ich verbanne das Papier aus dem Unternehmen, denn Papier ist digital dumm. Es fliegt durch die Gegend. Es ist dreckig. Leute müssen mehrfach Daten in die Software händisch eingeben. Das sind alles Dinge, die ich mir sparen kann. Deswegen spricht aus meiner Sicht immer alles für die Cloud.

Robert Bittig: Und aus Sicht der Kunden vielleicht noch. Gibt es auch Vorteile?

Heiko Fischer: Ich finde auch für die Kunden gibt es Vorteile: Ich kann meine Kunden an den Baustellen teilhaben lassen, den Baufortschritt zeigen, eine Dokumentation machen über die mobilen Geräte. Als Monteur kann ich bei Wartungsaufträgen – sagen wir mal im kleinen Bereich unter 500 Euro – die Kunden den Auftrag sofort unterschreiben und die Rechnung automatisch auslösen lassen.

Ich könnte sogar kleine Rechnungen sofort mit EC-Karte gleich bezahlen lassen. Also ich bin überzeugt, gerade, was zum Beispiel Cash-Flows betrifft, da kann ich viel schneller arbeiten und komme je nach Ausprägung im Gewerk schneller an mein Geld.

Robert Bittig: Stichwort Geld, Heiko, bleiben wir noch dabei. Welche Bezahlmodelle gibt es denn für Branchenlösungen und mit welchem Kostenrahmen kann oder muss man da immer rechnen?

Heiko Fischer: Die Bezahlmodelle sind unterschiedlich. In der Cloud ist es so, dass du nach Nutzer bezahlst und du kannst das ganze monatlich oder als Jahrespreis bezahlen. Früher war es bei der klassischen Software so: Du hast Lizenzen gekauft und dann deine Disketten oder später deine CDs oder DVDs bekommen. Und dann kamen regelmäßig die Updates auch über diesen Weg. Das fällt heute alles weg. Und vor allen Dingen habe ich auch die Flexibilität. Ich kann von heute auf morgen Lizenzen ergänzen. Ich habe vielleicht ein Montageteam, das nur drei Monate für mich arbeitet, für eine Projektarbeit oder für eine bestimmte Baustelle. Die Lizenzen kann ich einfach dazubuchen und hinterher wieder kündigen. Also ich bin viel flexibler. Was das Thema Kosten und Investition betrifft, kann ich pauschal keine Aussage machen. Es gibt Lizenzen, die kosten 70, 80 Euro im Monat. Es gibt welche, die kosten mehr. Dann gibt es wieder kleinere Apps und Produkte, die günstiger sind. Also das pauschal zu benennen, was was kostet, hängt einfach vom jeweiligen Programm und der Ausprägung ab.

Robert Bittig: Welche entscheidenden Fragen sollte ich mir denn als Handwerksunternehmer der Entscheidung für eine bestimmte Branchenlösung jetzt stellen? Und wie sollten vielleicht auch noch im Idealfall, dann die Antworten auch der Anbieter sein?

Heiko Fischer: Also erstmal muss ich mir Gedanken machen, was ich als Unternehmer möchte. Was möchte ich abbilden? Welche Prozesse habe ich im Unternehmen?

Es ist ein Riesenunterschied, ob ich auch via Software kalkuliere. Es gibt Branchensoftware, da fehlt eine Kalkulation. Für ein Fünf-Mann-Unternehmen ist das Tool eventuell geeignet. Deshalb muss ich wissen, was brauche ich softwareseitig? Wenn ich das weiß, erstelle ich ein Lastenheft. Eigentlich mag ich diese Begrifflichkeit nicht, weil sie auch aus der alten Welt kommt, aber ich muss wissen – wo liegen meine Anforderungen? Welches Problem soll die Software lösen? Und dann gehe ich in den Auswahlprozess. Und ich sollte natürlich schon zwei bis drei Alternativen zur Auswahl haben und mich nicht auf eins konzentrieren. Und dann muss ich in den Austausch mit den Softwareanbietern gehen.

Robert Bittig: Wie gut sind denn heutzutage die Branchen-Software-Lösung wirklich? Also mit welchen Herausforderungen müssen die Anbieter umgehen?

Heiko Fischer: Sie müssen mit den Herausforderungen aus der heutigen Zeit umgehen und umsetzen, was die Handwerker möchten. Viele meiner Kunden sagen: „Das kann die Software nicht. Das habe ich denen schon tausendmal gesagt, die sollen noch dieses und jenes in die Software reinbringen.“ Aber eine Branchensoftware heute kann ganz viel, sehr viel. Und ich bin immer der Meinung, passe deine Prozesse an die Software an. Mache es nicht umgekehrt. Es gibt Kunden, die klagen, „Herr Fischer, ich will, dass die Software dies, das und jenes kann, das kann die aber nicht. Und die soll doch das können.“ Dann sage ich: „Ja, schön und gut, aber dann gucken wir oft rein und stellen fest, die Software kann das doch. Aber du magst den Weg nicht, den dir die Software anbietet.“ Die Funktion liegt vielleicht in der zweiten oder dritten Ebene und es ist für den Handwerker dann schwer. Er will sich da gar nicht dran gewöhnen, ihm ist das zu kompliziert. Natürlich kann ich jetzt an den Softwareanbieter gehen und kann sagen, „Du programmiere mir doch das um.“

Sagt der Softwareanbieter wieder: „Ja, mache ich dir gerne.“ Das alles kostet meiner Meinung nach dann zu viel Geld. Und wenn sich die Software weiterentwickelt und es kommen möglicherweise neue Updates, dann kann es sein, dass die Individualprogrammierung umsonst war, weil die nicht mitgeht. Deswegen ist mein Tipp: Mach dir Gedanken, wenn du dich für eine Software entschieden hast und dann passe deine Prozesse auf die Software an. Du hast einfach den größeren Benefit davon.

Robert Bittig: Das ist jetzt das eine. Ich habe mich jetzt beispielsweise für eine bestimmte Software entschieden. Was kann ich dann verlangen, wenn es um Service, Support und Schulung geht? Was muss da dabei sein?

Heiko Fischer: Ich sage immer alles, was der Handwerker braucht, sollte dabei sein. Natürlich ist es wichtig, wenn ich eine neue Software einführe, dass ich sie schnell verstehe. Da hat jedes Softwareunternehmen ein anderes Servicekonzept. Ich kenne Softwareunternehmen, da kostet die Schulung fast genauso viel wie die Anschaffung der Software. Ich finde es nicht gut, weil es sollte auch im Interesse des Softwarehauses sein, dass die Kunden schnellstmöglich ins Arbeiten kommen und Vorteile vom Einsatz der Software haben. Deswegen muss ich als potenzieller Käufer auch das Schulungskonzept anschauen und gucken, ob das auf meine Bedürfnisse passt.

Robert Bittig: Und wie sollte so ein schlüssiges und realistisches Einrichtung-Schulungskonzept aussehen?

Heiko Fischer: Ich bin der Meinung, dass immer eine persönliche Begleitung am Anfang dabei sein sollte. Dass ein Software-Consultant Ansprechpartner ist und auch die erste Zeit des Handwerksunternehmen begleitet. Einfach noch mal schaut, werden Dinge richtig eingetragen? Denn Daten, die nicht in der Software erfasst wurden, die können von der Software auch nicht verarbeitet werden. Das heißt, ich kriege dann nicht die gewünschten Ergebnisse raus. Und ich wünsche mir natürlich auch vom Softwareanbieter, dass am besten 24-7-Support zur Verfügung steht, wenn es Probleme gibt. Dann ist der Prozess behindert, wenn irgendwas so nicht läuft, wie man sich das vorstellt. Aber das kostet Geld, das muss mir als Kunde auch klar sein. Also heißt auch, ich als Unternehmer muss mir natürlich schon auch die Zeit nehmen, um die Funktionen der Software zu verstehen. Nur wenn ich sie verstehe, kann ich sie auch umsetzen.

Robert Bittig: Wenn ich jetzt generell Zweifel habe als Unternehmer, als Handwerker an der von mir eingesetzten Software, was wäre jetzt so der erste Schritt, um aus diesem Schlamassel rauszukommen?

Heiko Fischer: Ich versuche mich schlau zu machen, woran das es liegt. Ich habe oft den Fall, wo es heißt, ich möchte meine Monteure mit Tablets ausstatten, ich möchte, dass die mobil arbeiten und dass die Tablets an die Software angebunden sind. Nehmen wir mal an, die Software hat das Modul nicht. Der Anbieter stellt das nicht zur Verfügung. Dann muss ich mir Gedanken machen, gibt es eine andere Software, die per Schnittstelle mit meiner Branchen-Software verbunden werden kann? Wenn das nicht der Fall ist, muss ich mir überlegen, lohnt sich für mich ein Wechsel der Branchensoftware? Wohl wissend, dass dieser Schritt für ein Unternehmen immer ein sehr großer Aufwand ist. Die alte Software muss rausgelöst werden und in eine neue Software implementiert werden. Ich habe auch schon Kunden gehabt, die dann gesagt haben, ok, ich bin bereit, die Kröte zu schlucken und arbeite mit einer App neben der Software. Mir ist der Aufwand eines Wechsels zu groß. Es gibt hier nicht das Patentrezept. Es muss zum Unternehmen und zu den Unternehmern passen.

Robert Bittig: Na gut, das Thema ist ja, hat es deine Branchensoftware wirklich drauf oder machst du noch Excel? Du bist ja jetzt schon jahrelang Coach. Wo hakt es denn am meisten bei den Unternehmen? Ich glaube beim Thema Software ist scheinbar noch Riesenbedarf da, dass nicht das genutzt wird, was möglich ist.

Heiko Fischer: Für mich hapert es oftmals am fehlenden Wissen, was die Technologie heute schon alles kann. Ich komme oft in Unternehmen rein, wo dann der Handwerker zu mir sagt: „Ach was, das kann meine Software, das wusste ich gar nicht?“ Also es gibt viel Unwissenheit über Systeme, die aktuell in den Unternehmen im Einsatz ist und dann gibt es natürlich auch einen Großteil von Unternehmern und Unternehmerinnen, die einfach keine Bereitschaft haben, einen Wechsel einzugehen. Ich hatte neulich ein Beratungsgespräch mit einem Fensterbauer, der selbst Fenster produziert, sein System ist ein „Zentralexcel“.

Da habe ich größten Respekt davor, sich so eine Excel „zusammenzufrickeln“. Ich wollte es nicht machen und die Tabelle funktioniert mit Sicherheit in dem Unternehmen – Stand heute. Der Anwender hat aber mittlerweile gemerkt, es gibt viele Software Tools, die seine Arbeit erleichtern würden. Nur, das korrespondiert nicht mit seinem Zentralexel. Denn das ist eine Tabellenkalkulation und keine – ich sage mal – keine ERP-Lösung. Als solche benutzt er sie. Und diesen Unternehmer wäre ein Umstieg zu aufwendig, aus Zeitgründen vor allem. Er wird, wenn er einen signifikanten Vorteil für sein Unternehmen haben möchte, sein zentrales Excel ablösen müssen, klar.

Robert Bittig: Ich meine früher oder später wird er an diesem Thema auch kein Weg dran vorbeigehen. Irgendwann muss ich den Schritt machen, sonst verschwinde ich vom Markt einfach, weil es zu komplex wird. Warum? Oder kann ich als Handwerker einfach komplett durch analog bleiben?

Heiko Fischer: Es ist mir zu schwarz-weiß „verschwindet vom Markt“. Natürlich überspitzen wir gerne und sagen, wenn du dich nicht digitalisierst, dann bist du weg. Ich habe mit vielen Unternehmen zu tun. Da ist der Geschäftsführer 55+. Der sagt dann zu mir: „Ach Herr Fischer, ich mache das noch zehn Jahre, da läuft mein Unternehmen. Dann mache ich es zu. Ich verkaufe es oder wie auch immer.“ Also deswegen verschwinden, ich würde sagen, es gibt ein paar, die werden einfach verschwinden, aber vielleicht gar nicht wegen der Digitalisierung, sondern einfach auch aus Altersgründen und sie finden keinen Nachfolger.

Das ist dann wieder ein anderes Thema. Aber ich bin schon der Meinung, jedes Unternehmen, das Old School arbeitet, hätte signifikante Vorteile von einer Branchensoftware oder von einem digitalen Ablauf: in Form von Zeitgewinn, in Form von Mitarbeiterzufriedenheit, in Form von Geldsparen, anderweitig Zeit einsetzen, sei es für Freizeit, sei es mehr Aufträge anzunehmen. Da kommt die junge Generation, die nachdrängt, die will doch nicht mehr mit Papier arbeiten, die will doch nicht mit einer Auftragsmappe irgendwo auf einer Baustelle herumrennen.

Robert Bittig: Hat das auch einen Effekt auf den Kunden? Erwartet der das von mir als Handwerksunternehmer oder ist das dem egal? Also ich würde es als Kunde erwarten, dass mit moderner Branchensoftware gearbeitet wird. Wenn die Leistung stimmt und dann kommt er mit so einem Zettelbus. Was meinst Du?

Heiko Fischer: Ich hatte neulich einen, wie so schön bei uns heißen, Klempner im Haus. Der hat mir ein paar Kleinteile an der Heizung ausgetauscht und sitzt bei mir am Tisch, hat kleine Kartons um sich herum und schreibt einen Zettel. Ich frage ihn: „Was machen Sie da?“ „Ja, ich schreibe Ihnen Ihr Auftrag.“ „Ja, aber warum auf Papier? Wieso machen wir das nicht elektronisch? Ich unterschreibe was und ich gebe Ihnen meine EC-Karte.“ „Ja, das will mein Chef nicht.“

Und am Ende vom Lied war es so, dass erst drei Monate eine Rechnung von 120 Euro mit der Post kam. Dann denke ich, okay, dann hat es das Unternehmen anscheinend nicht nötig, mit kleinen Rechnungen so umzugehen. Also ich wollte so mein Unternehmen nicht führen.

Robert Bittig: Du bist total cloudbegeistert. Ich meine, im Idealfall, wenn wir mal 10, 20 Jahre vorausblicken, was glaubst du, wohin geht die Reise noch? Wird KI das nächste große Ding sein oder was glaubst du, wo sind wir jetzt?

Heiko Fischer: KI wird mit Sicherheit in vielen Bereichen eine Rolle spielen. Habe ich aber kein durchdigitalisiertes Unternehmen, da kann auch mit KI nichts anfangen. Wo wir in 10, 20 Jahren stehen werden, wenn wir jetzt bei dem Thema Branchensoftware sind. Ich gehe davon aus, dass wir nur noch Cloud-Produkte haben werden, bin ich überzeugt.

Robert Bittig: Nur Cloud-Produkte?

Heiko Fischer: Ich brauche keinen Server, der mehr in meinem Unternehmen stehen hat. Das gibt es alles, das kann ich alles beziehen. Aus der Cloud, aus Rechenzentren, ich brauche die Kiste nicht mehr, meiner Meinung nach. Und ich brauche mir dann auch nicht die Mühe machen, die Kiste zu administrieren, weil das muss ja auch jemand machen, das macht alles der Dienstleister. Ich kriege die Updates automatisch eingespielt, etc. Wo wir mit der Software in 20 Jahren stehen werden, das vermag ich überhaupt nicht zu sagen. Ich möchte lieber auf den Punkt raus, wo stehen denn die Handwerker in 20 Jahren mit ihrem Mindset? Ist es wirklich so, dass dann die digitale Revolution, die wir ja alle beschwören, ist die wirklich dann durchs ganze Handwerk gegangen? Ich glaube, wir werden Riesenschritte auch schon in den nächsten Jahren machen.

Ich möchte auch gar nicht 20 Jahre, mir reicht es schon, wenn ich 5 Jahre vorausschaue und ob ich dann noch auf Zentralexels angesprochen werde, ich hoffe es nicht. Aber es wird immer weitergehen. Die Digitalisierung ist kein Sprint, sie ist ein Marathon und sie ist gekommen, um zu bleiben. Das heißt, mir als Unternehmer werden immer Vorteile geboten, damit ich mein Unternehmen besser führen kann.

Robert Bittig: Ich meine, wenn ich bis jetzt nicht aufgesprungen bin auf den Zug. Ist es dann schon zu spät? Wenn ich das verpasst habe, gibt es immer noch die Möglichkeit, mir einen Coach wie dich ins Boot zu holen, und dann legen wir los und gucken was geht?

Heiko Fischer: Das wäre die eine Variante und nochmal, es gibt Unternehmen, die werden sich nicht digitalisieren, weil der Geschäftsführer, die Geschäftsführerin ein gewisses Alter haben. Das ist aber keine Pauschalaussage. Ich habe einen Kunden, der ist 65 und der will sein Unternehmen digitalisieren. Nun ist es so ab einem gewissen Alter – das merke ich in meinen Beratungsgesprächen – dort begegnet mir das öfters, dass der Unternehmer sagt, ich will mir das eigentlich nicht mehr antun und ich gehe davon aus, dass mein Unternehmen in den nächsten fünf bis zehn Jahren noch so weiterläuft. Ich bekomme ihn schon noch zum Nachdenken, wenn ich frage, „Ja was machst du dann, willst du dein Unternehmen verkaufen? Willst Du es einem Nachfolger übergeben?“ „Ja, ich weiß es noch nicht, ich überlege noch.“ Und dann sage ich auch immer, ein Unternehmen, in dem die Mitarbeiter einen Altersdurchschnitt von 55 oder 60 haben, wo kaum mit Computer oder mit Apps gearbeitet wird, so einen Laden will heute keiner mehr haben. Den will keiner kaufen und damit kannst Du auch nicht das Geld erzielen, was du vielleicht denkst erzielen zu können. Jeder Nachfolger wird diesen Laden komplett durchdigitalisieren müssen und das kostet Geld.

Und deshalb ist es auch für mich, wenn ich noch 10 Jahre arbeite, eigentlich keine Option, zu sagen, ich verweigere mich der Digitalisierung.

Robert Bittig: Heiko, an der Stelle sage ich ganz herzlichen Dank. Schönes Schlusswort.

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Heiko Fischer, Geschäftsführer

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Heiko Fischer
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