Die Botschaft ist kaum zu überhören: die Digitalisierung sichert die Zukunftsfähigkeit des Handwerks. 3-D-Druck, Virtual Reality, Augmented Reality, Robotik, Künstliche Intelligenz, Exoskelette. All das sind wichtige Themen, und sie haben ihre ganz eigene Berechtigung. Im Tagesgeschäft tritt das eigentliche Hauptthema im Kontext der Digitalisierung zu weit in den Hintergrund – die Branchensoftware.
Viele Handwerksbetriebe tun sich schwer damit, notwendige Änderungen anzustoßen und Prozesse zu digitalisieren. Ein Grund dafür liegt in der eingesetzten Branchensoftware. Wichtige Funktionen, die im Zuge der Digitalisierung notwendig wären, kann sie nicht mehr abdecken.
Die Branchensoftware – das Hauptwerkzeug der digitalen Betriebsorganisation
Sicher ist: eine digitale Betriebsorganisation spart Zeit und Kosten, eliminiert Fehlerquellen und reduziert Stress. Das macht Deinen Betrieb effizienter und attraktiver. Die Branchensoftware ist dabei der entscheidende Schlüssel. Warum ist das so? Ganz einfach: 80% der relevanten und vitalen Prozesse in einem Handwerksbetrieb – d. h. die Prozesse, die primär der Abwicklung des realen Tagesgeschäfts und damit der Generierung von Umsatz und Gewinn dienen – haben naturgemäß ihren Platz in der Branchensoftware. Sie sind ein Teil der kaufmännischen Prozessketten.
Selbstverständlich lassen sich einige Funktionen, wie beispielsweise die digitale Arbeitszeiterfassung, oder die Baustellendokumentation auch über eigene, separate Softwarelösungen abbilden. Doch idealerweise sind die beschriebenen Funktionen ein Teil der Branchensoftware. Je mehr Softwarelösungen ein Betrieb im Einsatz hat, umso unübersichtlicher wird die Organisation und desto mehr Pflegeaufwand hat das Team mit den digitalen Systemen. Der Sinn der Digitalisierung ist es, die Organisationsprozesse zu verschlanken. Deshalb ist und bleibt die Branchensoftware das Hauptwerkzeug der digitalen Betriebsorganisation.
Wie findest Du heraus, wie „zukunftsfähig“ Deine Branchensoftware ist?
Wenn die Branchensoftware also der Dreh- und Angelpunkt der Digitalisierung ist, was heißt das für den Betrieb? Nur mit einer zukunftsfähigen Branchensoftware kannst Du die Vorteile der Digitalisierung voll ausschöpfen.
Doch was bedeutet „zukunftsfähig“ und wie überprüfst Du die „Zukunftsfähigkeit“ der eigenen Branchensoftware?
- Stelle Dir zunächst die Frage, ob Du und Dein Team gerne mit der Software arbeiten!
- Wieviel Prozent der Software nutzt Du wirklich und auf wie viele Funktionen verzichtest Du, weil diese möglicherweise zu kompliziert umgesetzt oder nicht übersichtlich genug dargestellt sind?
- Ärgerst Du Dich womöglich immer wieder über lange Ladezeiten oder fehlende, beziehungsweise nicht richtig funktionierende Schnittstellen?
All das sind Hinweise darauf, dass der Programmkern, die Datenbanktechnologie und die Benutzeroberfläche Deiner Software veraltet sind. Das mobile Arbeiten und damit die Integrierbarkeit von Applikationen in Android und iOS wird immer wichtiger. Alte Programmiersprachen verlieren an Bedeutung. Neue, wesentlich performantere Programmiersprachen entstehen. Die Vernetzung nimmt zu und deshalb auch die Bedeutung der Schnittstellenfähigkeit.
Neue Funktionen machen das mobile Arbeiten erst möglich
Damit in einem direkten Zusammenhang stehen diverse moderne Funktionen, die jede Branchensoftware haben sollte, z. B. die digitale Arbeitszeiterfassung, die Baustellendokumentation, Zugriff über mobile Apps, offene Schnittstellen zu anderen Lösungen und viele mehr. Jeder Anbieter von Branchensoftware muss für sich die Entscheidung treffen, wie er sich im Rahmen dieser Entwicklung positioniert und welche Zukunftsstrategie er für die eigene Software fährt. Deshalb ist ein weiteres Kriterium der „Zukunftsfähigkeit“ eine gute und plausible Zukunftsstrategie des Branchensoftware-Anbieters.
In diesem Zusammenhang können Sie dem Anbieter folgende Fragen stellen:
- Hat die Software noch einen alten Programmkern? (Windowsbasis, ältere nicht webfähige und systemübergreifende Programmiersprache)
- Wie und in welchem Zeitfenster soll der Programmkern weiterentwickelt werden?
- Verfügt der Anbieter über die personellen und finanziellen Ressourcen, diesen Entwicklungsschritt auch zu gehen?
Etwas, dass nicht unterschätzt werden darf ist, die derzeit stark zunehmende Dynamik der Übernahmen traditioneller Branchensoftware-Lösungen durch internationale Konzerne und Investoren im Markt. Dass so etwas überhaupt passieren kann, hängt damit zusammen, dass manchen etablierten Software-Schmieden die Ressourcen bzw. die Mitarbeiter fehlen, um den nächsten Schritt zu gehen. Deshalb mag es leichter erscheinen, das eigene Unternehmen an einen großen und finanzstarken Investor zu verkaufen.
Fazit: Wann lohnt sich ein Wechsel der Branchensoftware?
Falls Du feststellst, dass Deine Branchensoftware noch auf einem alten Programmkern aufbaut oder keine moderne Datenbanktechnologie verwendet, beziehungsweise Dir einfach die Benutzeroberfläche nicht mehr zeitgemäß erscheint, bedeutet das nicht, dass Du sofort wechseln musst. Möglicherweise hat Dein Anbieter einen klaren und strukturierten Plan zur Modernisierung der eigenen Software und bietet Dir einen plausiblen Weg, diese Modernisierung mitzugehen.
Ein Softwarewechsel ist immer teuer, bringt einen hohen Arbeitsaufwand mit sich und häufig auch Stress für das Team. Falls Du jedoch feststellst, dass ein großes und ernstzunehmendes Fragezeichen über der Weiterentwicklung Deiner Branchensoftware steht, dann solltest Du einen Wechsel in Erwägung ziehen.
Dieser Beitrag entstand gemeinsam mit dem Handwerkscoach Klaus Teßmann.
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